Über 500 demonstrieren in Kalkar

Über 500 demonstrieren in Kalkar

Ostermarsch Rhein Ruhr
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Presseinformation

Mit über 500 Menschen hat die nordrhein-westfälische Friedensbewegung am 3. Oktober im niederrheinischen Kalkar gegen die dortige NATO-Kommandozentrale demonstriert. Sie wollte mit dieser Aktionen am Tag der deutschen Einheit deutlich machen, dass der Krieg, der hunderttausende Menschen dazu zwingt, ihre zerstörte Heimat zu verlassen, auch hier in den Militäreinrichtungen im Rheinland beginnt und dass er hier beendet werden muss. Auf der Auftakt-Kundgebung auf dem Marktplatz in Kalkar sprachen Roland Vogt, Pazifist, Gründungsmitglied der Grünen und von 1991-2006 Konversionsbeauftragter in der brandenburgischen Landesregierung, sowie Stephan Brackertz vom Arbeitskreis Zivilklausel an der Uni Köln. Nach der Kundgebung folgte eine Demonstration zur Von-Seydlitz-Kaserne. Dort stellten sich die Teilnehmer zu einer Menschenkette entlang des Kasernenzauns auf. „Wir wollen symbolisch den friedlichen Niederrhein von der Militärzentrale trennen, von der aus der Tod in die Welt hinausgeschickt werden kann“, so Joachim Schramm vom Ostermarsch Rhein/Ruhr, dem Organisator der Aktion. Vor der Kaserne hielt dann Sahra Wagenknecht, die erste stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken eine engagierte Rede.

Bundeswehr und NATO bauen seit Jahren in Kalkar und im benachbarten Uedem militärische Infrastruktur für den Hightech-Krieg aus. Das Zentrum Luftoperationen der Bundeswehr in der von-Seydlitz-Kaserne in Kalkar ist mit dem 24-Stunden-Gefechtsstand für die Überwachung des Luftraumes und die Gefechtssteuerung zwischen den Alpen, Island und Osteuropa zuständig. Das Combined Air Operation Centre (CAOC) in Uedem ist ein internationaler Gefechtsstand, der die Luftkriegsführung aller NATO-Staaten plant und durchführt. So wird derzeit der Einsatz von 4 Eurofightern aus dem rheinischen Nörvenich, die sich im Rahmen des Air Policings der NATO seit Anfang September im Baltikum befinden, durch das Zentrum Luftoperationen in Kalkar und durch CAOC in Uedem geführt.

Sahra Wagenkencht wandte sich in ihrer Rede gegen diesen von Kalkar aus geleiteten Einsatz von voll kampfbereiten Maschinen an der russischen Grenze: „Solche Kriegsspiele können bei dem geringsten Missverständnis zum offenen Konflikt führen. Damit muss Schluss sein!“

In der von-Seydlitz-Kaserne in Kalkar ist außerdem das multinationale Joint Air Power Competence Centre (JAPCC) untergebracht, eine Denkfabrik, in der die Militärs Pläne zur Kriegführung mit konventionellen Waffen und mit Atomwaffen entwickeln. Auf der letztjährigen Tagung des JAPCC wurde sogar ein großer Krieg in Europa für möglich erklärt! Die Antwort in den Tagungsmaterialien war ein ‚angemessener‘ Mix aus nuklearen und konventionellen Potentialen.

Am 3. Oktober feierte Deutschland den 25. Jahrestag der deutschen Einheit. Grundlage für die Vereinigung waren der Vertrag zur Deutschen Einheit und der 2+4 Vertrag. Beide Verträge bekräftigen die Bereitschaft, die Sicherheit durch wirksame Maßnahmen zur Rüstungskontrolle, Abrüstung und Vertrauensbildung zu stärken und friedliche Lösungen im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu schaffen.
Sahra Wagenknecht erinnerte an einen zentralen Satz aus dem deutsch-deutschen Einigungsvertrag: „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen!“ Diesen Satz würden die Friedensaktivisten ernst nehmen aber nicht diejenigen, die solche Luftwaffenstützpunkte wie in Kalkar betreiben und auch sonst auf Militarisierung setzten, so Wagenknecht. Wagenknecht wandte sich gegen weitere Bombardierungen in Syrien, egal ob durch NATO-Staaten oder durch Russland, und forderte zivile Lösungen ein.

Die Demonstranten forderten die Schließung und Umwandlung von Militäreinrichtungen wie die in Kalkar in zivile Objekte ein. Roland Vogt berichtete von erfolgreichen Konversionsprojekten in Brandenburg, verwies aber auch auf Projekte wie im benachbarten Kevelar, wo ein ehemaliges Munitionsdepot in ein zivile Projekt umgewandelt wurde. Vogt forderte die Schaffung eines Bundeskonversionsprogramm, um notwendige finanzielle Mittel bereitzustellen. Er betonte darüber hinaus die Notwendigkeit der Konversion der ganzen staatlichen Ebene: „Es ist unsere Aufgabe, vor allem die Aufgabe der jungen Generation, sich stark zu machen dafür, dass die Europäische Gemeinschaft eine Zivilunion und keine Militärmacht wird.“

Die OrganisatorInnen der Aktion in Kalkar zeigten sich zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung und kündigten weitere Proteste im Rheinland an, das neben Kalkar/Uedem mit den Luftwaffenstützpunkten in Köln-Wahn, Nörvenich und Geilenkirchen eine nicht hinnehmbare Dichte an Kriegsinfrastruktur aufweise.